Lymphom: Wann und wie hilft eine Stammzelltransplantation?

Autor: Dr. Volker Henn • Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Lesedauer: 5 Minuten
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Bei schnell wachsenden Lymphomen oder nach Rückfällen kann eine Stammzelltransplantation helfen. Dem Eingriff geht eine hochdosierte Chemotherapie voraus, die selbst hartnäckige Krebszellen beseitigen kann.

Nach dem Lesen des Artikels weißt Du:

  • was Hochdosistherapien und Stammzelltransplantationen sind
  • in welchen Fällen sie angewendet werden
  • wie die Therapie abläuft
  • welche Vorteile körpereigene und körperfremde Stammzellen haben
  • mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist

Dieser Artikel wurde am 06.08.2021 aktualisiert.

Hochdosistherapie und Stammzelltransplantation – was bedeutet das?

Eine sehr starke Chemotherapie – Hochdosistherapie genannt – kann selbst hartnäckige Lymphome vollständig beseitigen. Die Dosis der genutzten Medikamente oder Zytostatika ist dabei mehrfach höher als bei anderen Chemotherapien. Die Hochdosistherapie schädigt aber auch die gesunden Stammzellen des blutbildenden Systems so schwerwiegend, dass sie sich nicht mehr erholen. Ohne diese Blutstammzellen können keine neuen Blutzellen, Blutplättchen oder Immunzellen mehr produziert werden.

Nach einer Hochdosistherapie muss Dein Körper neue Blutstammzellen erhalten. Dies erfolgt mit einer Stammzelltransplantation, oft auch Knochenmarktransplantation genannt. Früher wurden die Stammzellen für die Transplantationen direkt aus dem Knochenmark gewonnen, das reich an Blutstammzellen ist. Heute werden die Blutstammzellen meist mit Botenstoffen in das Blut gelockt und schonend entnommen. Stammzellen für die Transplantation können von Dir selbst oder von einem anderen Spender stammen.

Wann wird eine Stammzelltransplantation angewendet?

Stammzelltransplantationen können das Mittel der ersten Wahl sein, wenn sich zum Beispiel ein T-Zell-Lymphom sehr schnell ausbreitet. Die Entscheidung wird das Behandlungsteam von der individuellen Erkrankung abhängig machen. Da eigene Stammzellen bei der Prozedur zu weniger Unverträglichkeiten führen, wird je nach individueller Situation versucht, eine Transplantation zunächst mit körpereigenen Zellen zu gestalten.

Stammzellen von anderen Spendern kommen meist erst als spätere Behandlungsoption zum Einsatz. Auch hier wird das Behandlungsteam wieder nach Einzelfall entscheiden. Zu den möglichen Gründen für die Transplantation von körperfremden Stammzellen zählen:

  • wenn eine Chemotherapie die Lymphomherde nicht vollständig beseitigt
  • nach der ersten Behandlung ein sehr früher Rückfall erfolgt
  • ein Rückfall nach Transplantation körpereigener Stammzellen erfolgt

Wie läuft eine Stammzelltransplantation ab?

Die Stammzelltherapie kann einschließlich der Vorbereitung mehrere Wochen oder Monate in Anspruch nehmen. Die genaue Dauer hängt sehr vom Einzelfall ab, Dein Behandlungsteam kann Dir sicher genauer Auskunft geben. Bei der Therapie lassen sich vier wichtige Phasen und Prozesse unterscheiden.

1. Entnahme der Stammzellen

Die Stammzellen für die Transplantation werden heute meist aus dem Blut gewonnen. Um die Zellen aus dem Knochenmark zu locken, wird über mehrere Tage hinweg ein Wachstumsfaktor unter die Haut gespritzt. Dann erfolgt die sogenannte Leukapherese: Dein Blutkreislauf wird mit einer Maschine verbunden, die einen Teil der Blutzellen einsammelt. Alle anderen Bestandteile des Blutes gelangen wieder zurück in Deinen Körper. Die Leukapherese dauert drei bis höchstens fünf Stunden, danach wirst Du meist wieder nach Hause entlassen. Deine Blutzellen werden tiefgefroren und für mehrere Wochen aufbewahrt.

2. Hochdosierte Chemotherapie

Etwa 4 bis 6 Wochen nach Abnahme der Stammzellen erfolgt die Hochdosistherapie, auch Konditionierung genannt. Das Ziel besteht darin, möglichst alle Tumorzellen zu zerstören. Dein Behandlungsteam wird entscheiden, welche Wirkstoffe oder Zytostatika bei Dir zum Einsatz kommen. Die Therapie wird stationär im Krankenhaus durchgeführt.

3. Transplantation

Etwa zwei Tage nach Ende der Hochdosistherapie erfolgt die Übertragung bzw. Transplantation der Stammzellen. Bevorzugt kommen dabei Deine eigenen Zellen zum Einsatz. Bei Rückfällen kann aber auch die Transplantation von Spenderzellen notwendig sein. Die Transplantation erfolgt durch eine Transfusion: Die Zellen gelangen über eine Vene in Deinen Körper und wandern dann selbständig in das Knochenmark.

4. Neubildung der Blutzellen

Nach der Transplantation beginnt eine risikoreiche Phase: Die alten Zellen sind wegen der Hochdosistherapie abgestorben, doch die transplantierten Stammzellen brauchen Zeit, um genügend neue Zellen hervorbringen. Der Mangel an roten Blutkörperchen und Blutplättchen lässt sich durch Transfusionen beheben, aber das Fehlen der weißen Immunzellen erhöht die Gefahr für Infektionen. Nach etwa drei bis vier weiteren Wochen hat sich Dein Immunsystem neu gebildet und kann bereits viele Erreger abwehren. Diese Zeit musst Du meist noch in der Klinik verbringen.

Welche Vor- und Nachteile hat die Transplantation Deiner eigenen Zellen?

Die Transplantation Deiner eigenen Stammzellen wird vom Körper meist gut vertragen. Die Stammzellen nehmen ihren alten Platz wieder ein und erzeugen neue Blutzellen, ohne dass es dabei zu größeren Komplikationen kommt.

Ein Nachteil ist jedoch, dass Deine eigenen Zellen die Therapie nicht aktiv unterstützen. Das neu gebildete Immunsystem stammt weiterhin von Dir und kann den Krebs nicht erkennen oder beseitigen. Wenn die Hochdosistherapie nicht vollständig wirksam war und alle Krebszellen vernichtete hat, ist die Gefahr eines Rückfalls groß.

Welche Vor- und Nachteile hat die Transplantation von Spenderzellen?

Körperfremde Spenderzellen bilden ein neues Immunsystem, das Lymphome erkennen und bekämpfen kann. Die neuen Immunzellen tragen also aktiv zum Erfolg der Therapie bei. Eine vollständige Heilung wird etwas wahrscheinlicher.

Die Verwendung von fremden Spenderzellen kann jedoch leicht zu Unverträglichkeiten führen: Die neuen Immunzellen können auch das gesunde Gewebe angreifen und lebensgefährliche Abstoßungen hervorrufen. Es ist daher sehr wichtig, dass die Merkmale Deiner Gewebe möglichst gut mit denen Deines Spenders übereinstimmen. Oft ist ein passender Spender sehr schwer zu finden. Zusätzlich wird Dein Behandlungsteam nach der Transplantation Medikamente verordnen, die Dein Immunsystem unterdrücken. Damit steigt allerdings auch das Risiko von Infektionen an.

Welche Nebenwirkungen und Spätschäden sind möglich?

Die Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation ist eine sehr schwere Belastung für Deinen Körper. Die Nebenwirkungen können die Funktion vieler Gewebe und Organe stören. Zusätzlich wird Dein Immunsystem für längere Zeit stark geschwächt, sodass Du Dich sehr vor Infektionen in Acht nehmen solltest. Zu den häufigsten akuten Nebenwirkungen zählen unter anderem:

  • Übelkeit und Erbrechen
  • Mundschleimhautentzündung
  • Haarausfall
  • Fieber und Infektionen
  • Durchfall
  • Juckreiz

In seltenen Fällen machen sich Störungen von Körperfunktionen erst nach Jahren oder Monaten bemerkbar. Möglichen Spätschäden können Gewebe und Organe betreffen, wie zum Beispiel:

  • Nerven: Kribbeln, Taubheitsgefühl und Schmerzen in den Füßen
  • Herz: Herzmuskelschwäche
  • Keimdrüsen: Unfruchtbarkeit und Störungen im Hormonhaushalt
  • Schilddrüse: hormonelle Unterfunktion
  • Knochen: Abbau von Gewebe
  • Haut: Trockenheit und Empfindlichkeit, insbesondere gegenüber Sonnenstrahlen
  • Tumore: das Risiko einer Zweit-Tumor-Erkrankung ist leicht erhöht

Zusammengefasst

Hochdosierte Chemotherapien können aggressive Lymphome wirksam bekämpfen. Danach muss durch eine Stammzelltransplantation das blutbildende System wieder hergestellt werden. Für die Transplantation kommen körpereigene oder körperfremde Stammzellen zum Einsatz. Der Eingriff ist eine schwere Belastung für den Körper und kann zahlreiche Nebenwirkungen und Spätfolgen hervorrufen.

Das kannst Du tun

  • Sprich mit Deinem Behandlungsteam über Deine Optionen.
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Quellenangaben
  • Kompetenznetz Maligne Lymphome, T-Zell-Lymphome: Therapie, 17.02.2019, lymphome.de, abgerufen am 08.06.2021 von lymphome.de
  • Stiftung Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe, Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation, April 2021, stiftung-dlh.de, abgerufen am 08.06.2021 von stiftung-dlh.de
  • Stiftung Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe, Ratgeber für Patienten nach allogener Knochenmark- und Stammzelltransplantation, Februar 2019, Broschüre, stiftung-dlh.de, abgerufen am 08.06.2021 von stiftung-dlh.de
  • Bildnachweis: © peterschreiber.media – stock.adobe.com
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