Wie funktioniert die Blutbildung und wie entsteht Krebs in Blutzellen?

Autor: Dr. Volker Henn • Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Lesedauer: 5 Minuten
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In Deinem Knochenmark bilden sich ständig neue Blutzellen. In seltenen Fällen kommt es dabei zu Fehlern: Einzelne Zellen vermehren sich zu stark und verursachen Krebs.

In diesem Artikel erfährst Du:

  • welche Aufgaben das Blut erfüllt
  • welche Blutzellen es gibt
  • wie Blutzellen im Knochenmark entstehen
  • welche Krebsarten im Blut auftreten können

Dieser Artikel wurde am 2.2.2023 veröffentlicht.

Du hast eine Blutkrebserkrankung? Vielen Menschen in Deiner Situation hilft es, wenn sie die Mechanismen der Blutbildung kennen. So verstehst Du Deine Krankheit besser und kannst Deinem Behandlungsteam möglicherweise gezieltere Fragen zu Deiner Erkrankung stellen.

Vielleicht fragst Du Dich auch, wie Deine Erkrankung überhaupt entstanden ist? Der folgende Überblick hilft Dir.

Blut – ein kurzer Überblick

In Deinem Körper fließen etwa fünf bis sechs Liter Blut. Es besteht aus zwei Bestandteilen, dem Blutplasma und den Blutzellen.

Das Blutplasma ist eine gelbliche Flüssigkeit, die Nährstoffe und Hormone in Deinem Körper verteilt.

Die Blutzellen werden oft in drei Gruppen eingeteilt, die jeweils wichtige Aufgaben erfüllen:

  • Die roten Blutkörperchen transportieren Sauerstoff in Deine Körpergewebe.
  • Die weißen Blutkörperchen schützen Dich vor Krankheitserregern.
  • Die Blutplättchen verschließen Wunden und verhindern Blutverlust.

Im Knochenmark entstehen Deine Blutzellen

Die meisten Blutzellen haben nur eine Lebenszeit von wenigen Wochen oder Monaten. Das Blut muss daher ständig erneuert werden.

Deine Blutzellen entstehen im Knochenmark. Dieses weiche, schwammartige Gewebe ist im Inneren Deiner großen Knochen. Vor allem findet es sich in den Hüften, Oberschenkeln und Rippen. Dort entstehen täglich mehrere Milliarden neuer Blutzellen.

Alle Arten von Blutzellen haben einen gemeinsamen Ursprung: die Stammzellen des Knochenmarks. Blutstammzellen leben lange und können sich häufig teilen. Dabei erzeugen sie Zellen, die unterschiedliche Eigenschaften haben.

Mit jeder Zellteilung werden die Unterschiede zwischen den Zellarten größer – aus den sich teilenden Stammzellen entstehen so unterschiedlichen Blutzelllinien. Wenn die unterschiedlichen Blutzellen ausgereift und voll funktionsfähig sind, verlassen sie das Knochenmark und wandern in Dein Blut und von dort aus in den ganzen Körper.

Welche Blutzellen gibt es?

Dein Knochenmark erzeugt drei wichtige Linien von Blutzellen, die sich in Form, Größe und Farbe unterscheiden. Sie erfüllen jeweils einzigartige und wichtige Funktionen.

Rote Blutkörperchen

Rote Blutkörperchen sind mit Abstand die häufigsten Zellen im Blut. Sie tragen den Blutfarbstoff Hämoglobin. Er verleiht dem Blut die rote Farbe. Hämoglobin transportiert den Sauerstoff durch Deinen Körper. In Deiner Lunge verbindet sich das Hämoglobin mit den Sauerstoffmolekülen und bringt es in die anderen Körpergewebe.

Blutplättchen

Blutplättchen sind Blutzellen mit einer flachen Fläche. Sie sehen aus wie Plättchen, daher ihr Name. Sie sind die kleinsten Zellen im Blut. Wenn eine Verletzung auftritt, verkleben Blutplättchen miteinander und bilden einen festen Pfropf. Dieser Pfropf kann die Wunde vollständig verschließen und den Austritt von Blut verhindern.

Weiße Blutzellen

Die weißen Blutzellen sind ein wichtiger Teil Deines Immunsystems, also Deines körpereigenen Systems zur Abwehr von Krankheitserregern und schädlichen Zellteilen.

Weiße Blutzellen sind sehr vielfältige Zellen, die sich bereits im Knochenmark in zwei Hauptlinien aufspalten. Zu der sogenannten myeloischen Zelllinie gehören Granulozyten und Monozyten. Diese Zellen beseitigen Bakterien und die Reste von abgestorbenen Zellen. Sie sind auch häufig an Entzündungsreaktionen beteiligt.

Die zweite Gruppe der weißen Blutzellen wird als lymphatische Linie bezeichnet. Dazu gehören Lymphozyten wie die B-Zellen und T-Zellen.

  • B-Zellen erzeugen sogenannte Antikörper. Antikörper erkennen die Erreger von Krankheiten und aktivieren so Eiweiße, die die Erreger angreifen und unschädlich machen.
  • T-Zellen spüren erkrankte Körperzellen auf und können diese dann beseitigen.

Wie können Krebszellen im Knochenmark entstehen?

Die Blutbildung läuft fast immer ohne Probleme ab. Doch in sehr seltenen Fällen kommt es bei den Zellteilungen der Stammzellen zu Schäden am Erbgut der neu entstehenden Zellen. Diese Schäden erhöhen das Risiko für Krebs.

Das veränderte Erbgut kann die Blutzellen oder die Vorläufer der Blutzellen beispielsweise dazu anregen, sich besonders stark zu vermehren. Oft ist auch die weitere Entwicklung in Blutzellen gestört. So kann es vorkommen, dass die Blutzellen nicht ausreifen. Die große Zahl von einer Art von Blutzellen oder auch die große Anzahl von unreifen Blutzellen kann dazu führen, dass die Zahl der anderen Blutzellen gefährlich absinkt.

Die Schäden am Erbgut treten meist rein zufällig auf. Sie können daher auch unterschiedliche Phasen der Blutbildung stören. Krebs in den Blutzellen ist deshalb eine vielfältige Erkrankung, die sehr unterschiedliche Verläufe nehmen kann.

Dein Behandlungsteam wird versuchen, so viel wie möglich über die Krebszellen zu erfahren. Wichtig ist vor allem, aus welchen Blutzellen der Krebs entstanden ist. Dieses Wissen liefert Deinem Behandlungsteam entscheidende Hinweise: Es kann so eine Therapie finden, die den Krebs wirksam beseitigt.

Welche Arten von Blutkrebs können entstehen?

Es gibt viele Arten von Blutzellen. Daher gibt es auch viele Arten von Krebszellen, die im Blut auftauchen können. Um die Krebszellen näher zu bestimmen, wird Dein Behandlungsteam zuerst die Antwort auf zwei Fragen suchen:

  • Aus welcher Blutzelllinie stammen die Krebszellen?
  • Wie ist der Verlauf Deiner Erkrankung – schnell oder langsam?

Diese Informationen helfen dabei, den Krebs einer der folgenden Arten zuzuordnen.

Myeloische Leukämien

Der Begriff Leukämie bedeutet, dass der Krebs aus weißen Blutzellen im Knochenmark entstanden ist. Wenn diese Blutzellen aus der myeloischen Linie stammen, lautet der Fachbegriff dafür „myeloische Leukämie‟. Diese Krebsart entsteht meist in einer frühen Phase der Blutbildung. Die Krebszellen verharren daher oft in einem unreifen Zustand.

Verläuft die Erkrankung schnell und verschlimmern sich die Beschwerden rasch, spricht Dein Behandlungsteam von einer akuten myeloischen Leukämie (AML). Wenn Du jedoch anfangs kaum Beschwerden hast und das Fortschreiten der Erkrankung sehr langsam ist, nennt sich diese Krebsart chronische myeloische Leukämie (CML).

Lymphatische Leukämien

Diese Krebsart entsteht auch aus den weißen Blutzellen, und zwar aus der lymphatischen Linie. Auch sie entsteht in einer frühen Phase der Blutbildung: Der Krebs besteht daher aus unreifen, nicht funktionsfähigen Lymphozyten. Diese Krankheit verläuft fast immer rasch – es handelt sich um eine akute lymphatische Leukämie (ALL). Sie tritt in zwei Formen auf: Sie kann entweder aus B-Zellen oder aus T-Zellen entstehen.

Vielleicht bist Du auch schon auf den Begriff „chronische lymphatische Leukämie (CLL)‟ gestoßen. Da bei einer die CLL die veränderten Lymphozyten im Blut nachweisbar sind, wird sie häufig bei den Leukämien genannt. Doch in diesem Fall entstehen Krebszellen nicht im Knochenmark, sondern im Lymphgewebe. Es handelt sich bei der CLL also eigentlich um ein Lymphom, nicht um eine Leukämie.

Myelodysplastische Syndrome

Auch das myelodysplastische Syndrom (MDS) geht, wie die myeloischen Leukämien, von frühen myeloischen Zellen aus. Kennzeichen dieser Krebszellen ist eine auffällig veränderte Form, die unter dem Mikroskop gut zu erkennen ist. Die Zellen reifen nicht aus oder sterben häufig früh ab. Im Knochenmark finden sich bei dem MDS meist weniger Krebszellen als bei einer Leukämie. Bei manchen Betroffenen kann MDS jedoch in eine akute myeloische Leukämie übergehen.

Myeloproliverative Neoplasie

Bei den myeloproliferativen Neoplasien (MPN) entstehen manche Blutzellarten in viel zu großer Zahl. Die Zellen reifen zwar aus, sind aber meist nicht voll funktionsfähig. Das Übermaß an solchen Blutzellen kann dann zahlreiche Körperfunktionen stören.

Zusammengefasst

Die Blutbildung findet im Knochenmark statt. Dort befinden sich Stammzellen, die alle Arten von Blutzellen erzeugen. Dieser Prozess erfordert viele Zwischenschritte. Manchmal kommt es dabei zu Schäden im Erbgut, die Krebs auslösen können. Diese Schäden können bei allen Schritten der Blutbildung auftreten: Je nach betroffener Zelllinie entstehen unterschiedliche Arten von Blutkrebs.

Das kannst Du tun

  • Informiere Dich bei Interesse weiter über die Entstehung von Blutkrebserkrankungen.
  • Wende Dich bei offenen Fragen an Dein Behandlungsteam.
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Quellenangaben
  • Deutsches Krebsforschungszentrum, Leukämie bei Erwachsenen: Einteilung, Stand 21.09.2020, krebsinformationsdienst.de, abgerufen am 05.01.2023 von www.krebsinformationsdienst.de
  • Kompetenznetzwerk Leukämien, Blut und Blutbildung, Stand 31.05.2015, kompetenznetz-leukaemie.de, abgerufen am 05.01.2023 von www.kompetenznetz-leukaemie.de
  • Tallen G, Yiallouros M, Überblick über das blutbildende System, Stand 05.06.2020, Informationsportal Kinderkrebsinfo, abgerufen am 05.01.2023 von kinderkrebsinfo.de
  • Deutsche Krebsgesellschaft, Bestandteile und Funktion des Blutes, 21.03.2017, Onko Internetportal, abgerufen am 05.01.2023 von www.krebsgesellschaft.de
  • Bildnachweis: © dermatzke – stock.adobe.com
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