Synbiotika – stark gegen Darmkrebs

Autor: Dipl. Biol. Esther Witte • Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Lesedauer: 4 Minuten
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Wer eine Chemotherapie erhält, sollte die Darmflora gegen die Nebenwirkungen stärken. Synbiotika dabei helfen am effektivsten.

Über die Ernährung kannst Du viel für Deine Gesundheit tun. Ganz wichtig dabei ist, eine gute Darmflora zu erhalten, also ein gesundes Gleichgewicht zwischen den im Darm lebenden Bakterien. Eine ballaststoffreiche Ernährung hat sich als gute Prophylaxe gegen die Entstehung von Darmkrebs erwiesen. Forscher der Biomedizin in Luxemburg wollten nun wissen, ob eine sinnvolle Kombination von Ballaststoffen und Bakterien dazu geeignet ist, das Fortschreiten von bereits ausgebrochenem Darmkrebs zu verlangsamen. Wenn dem so wäre, könnte eine Therapie mit sogenannten Synbiotika die Darmkrebstherapien effektiv unterstützen [1].

Der Mikrokosmos in unserem Darm

Wusstest Du, dass Dein Darm einen eigenen Mikrokosmos aus ungefähr 100 Billionen Bakterien und 1.000 verschiedenen Arten enthält? Kaum vorstellbar, was darin los sein muss, oder? Die Mikroben erfüllen ganz wichtige Aufgaben. Sie unterstützen den Darm bei der Verdauung, sind für die Produktion von Vitaminen zuständig, bauen eventuelle Giftstoffe ab und sind Bestandteil des Immunsystems. Aber so artenreich unsere Darmflora auch ist, sie ist auch sehr schnell aus dem Gleichgewicht zu bringen [2].

Wie die Ernährung die Darmflora beeinflusst

Die Zusammensetzung der Darmbakterien hängt zum Großteil von der Ernährung ab. Das, was wir nicht verwerten können – die Ballaststoffe – sind für die Bakterien ein echter Leckerbissen. Sie beziehen daraus ihre Energie und produzieren Fettsäuren, die den Darm gegen Fremdkeime abschotten. Außerdem beeinflussen sie die Darmbewegungen und den Zellstoffwechsel der Schleimhautzellen (Enterozyten), die für den Transport von Nährstoffen in das Blut und die Bildung von Immunzellen verantwortlich sind.

Unsere moderne Lebensweise macht es den Bakterien aber wirklich manchmal nicht einfach. Sie müssen sich mit allerhand fremden Stoffen auseinandersetzen, wie Pflanzenschutzmitteln, Umweltschadstoffen, Alkohol, Zigarettenstoffe, Medikamente und Gifte anderer Mikroben. Dazu kommt eine Nahrung, die häufig industriell verarbeitet ist und mitunter große Mengen tierischer Fette, künstlicher Farb-, Aroma- und Süßstoffe, Zucker, Konservierungsmittel und mehr enthält. Einseitige Ernährung stört die Zusammensetzung der Darmflora und das Zusammenwirken von Darmflora, den Enterozyten in der Darmschleimhaut und dem Immunsystem des Darms. Dadurch fehlen die wichtigen Fettsäuren, die Enterozyten sind unterversorgt und die Abschottung des Darms nach außen (Barrierefunktion) wird geschädigt. Jetzt können bakterielle Gifte und Giftstoffe aus der Nahrung in den Körper gelangen, das Immunsystem aktivieren und Entzündungen verursachen. Die Entzündung wiederum machen die Darmwand durchlässiger, ja schon fast löchrig und die undichte Darmwand verstärkt die Entzündung – es entsteht ein Teufelskreis, bei dem Schadstoffe leicht in unseren Körper gelangen können. Die Folgen können körperliche und psychische Störung, wie Allergien, Magen-Darm-Störungen, Entzündungen, Depressionen und u.U. auch Krebs sein [2; 3].

Der Einfluss von Prä-, Pro- und Synbiotika auf Darmkrebs

Eine Chemotherapie verändert die Darmflora. Außerdem erhöht sie die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut, weil sie schnell wachsende Zellen angreifen. Die Zellen der Darmschleimhaut teilen sich eben auch schnell, werden durch die Chemotherapie daher mit angegriffen. Sozusagen als Nebenwirkung ermöglicht die Chemotherapie ein vermehrtes Eindringen von bakteriellen Giften in den Körper, kann Infektionen begünstigen und Entzündungen der Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts verstärken. In der Konsequenz leiden Patienten unter Nebenwirkungen der Therapie, also unter Durchfall, Erbrechen und anderen Verdauungsbeschwerden. Umgekehrt ist eine intakte Darmflora wichtig für die Wirkung der Chemotherapie. Studien konnten z.B. nachweisen, dass Patienten, die bestimmte Antibiotika einnahmen, weniger gut auf die Chemotherapie angesprochen haben, weil wichtige Darmbakterien zerstört wurden [4]. Untersuchungen an Mäusen zeigten, dass wiederum andere Bakteriengruppen zu einem besseren Ansprechen geführt haben (5).

Dass die Aufnahme von natürlichen Ballaststoffen das Darmkrebs-Risiko reduzieren kann, ist ebenfalls bewiesen. Präbiotika schleusen zum einen die Nahrung schneller durch den Verdauungstrakt, so dass unser Darm kürzer mit Giftstoffen konfrontiert ist und das Anhaften potentiell schädlicher Keime an die Darmwand verhindert wird. Sie fördern aber zum anderen auch das Wachstum der „guten“ Darmbakterien, verbessern durch die Veränderung des pH-Wertes das Milieu für nützliche Bakterien und stimulieren das Immunsystem [4].

Die Luxemburger Forscher haben nun im Labor an Zellen untersucht, ob eine Kombination von Prä- und Probiotika (Synbiotika), noch besser im Kampf gegen den Krebs wirken könnten. Und tatsächlich hat die Kombination offensichtlich einen direkten Einfluss auf die Gene. Sie unterdrückten die Expression von krebsfördernden Genen und solchen, die für eine Arzneimittelresistenz sorgen. Außerdem veränderte die Kombination von Prä- und Probiotika den Stoffwechsel so, dass Krebszellen nicht mehr so gut wachsen konnten. Diese Effekte konnten durch Prä- oder Probiotika alleine nicht erzielt werden. Hierzu war eine Kombination, also ein Synbiotikum, notwendig.

Prä- und Probiotika sind also als vorbeugende Maßnahme für Darmkrebs und wahrscheinlich auch als begleitende Behandlung zur Chemotherapie von Bedeutung. Sie können wahrscheinlich die Effektivität der Behandlung steigern und deren Nebenwirkungen reduzieren. In der richtigen Kombination können sie synergistisch wirken und die Effektivität der Krebsbekämpfung noch verstärken. Allerdings muss in diesem Feld noch viel geforscht werden, bis sichere Aussagen über Wirksamkeit, Dosis, Dauer der Einnahme und Auswahl der Bakterienstämme gemacht werden können.

 

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Quellenangaben
  1. University of Luxembourg in MedicalXpress, 01.05.2019, Right combination of diet and bacteria limits cancer progression, abgerufen am 08.08.2019
  2. Lima-Ojeda, J.M., Rupprecht, R. & Baghai, T.C. Darmflora und Depression. Nervenarzt 91, 1108–1114 (2020).
  3. Thimme, R., Neumann-Heafelin, C. & Blum, H. E. (2006). Dünndarm. In Klinische Pathophysiologie, 9. völlig neu überarbeitete Auflage.Georg Thieme Verlag.
  4. Ärzteblatt, 06.11.2017, Krebs: Darmbakterien beeinflussen Erfolg der Immuntherapie, abgerufen am 09.08.2019
  5. Matson V, Fessler J, Bao R et al (2018) The commensal microbiome is associated with anti-PD-1 efficacy in metastatic melanoma patients. Science (New York, NY) 359:104.
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