Wie laufen die Therapien bei Hodenkrebs ab?

Autor: Nicole Strauch, M.A. • Fachliche Prüfung: Dr. Clemens Seidel
Lesedauer: 5 Minuten
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Nachdem die Diagnose gestellt wurde und die Operation bereits hinter Dir liegt kann es sein, dass sich weitere Therapien anschließen. Wir wollen Dir hier erläutern, was das konkret bedeutet.

Wie laufen die Therapien ab?

Wenn Du eine Strahlentherapie erhältst wird durch meist durch hochenergetische ionisierende Strahlen (eine Art extrem intensives Röntgen) der Tumor bekämpft. Dies ist allerdings nur dann die Therapie der Wahl, wenn der Krebs bei Dir in einem frühen Stadium erkannt wurde und sichergestellt werden kann, dass sich noch keine Absiedlungen in anderen Organen gebildet haben.

Bestrahlt werden die Regionen, in die sich die Tumorzellen als erstes ausbreiten, d.h. Lymphabflussgebiete um die untere Hauptschlagader an der Bauchhinterwand und evtl. um die großen Blutgefäße des Beckens. Die Radiotherapie ist allerdings in den letzten Jahren zunehmend kritischer gesehen worden, da im Laufe der Jahre nach Tumorheilung das Risiko für andere (Zweittumoren) deutlich erhöht. Dein Arzt wird dies aber in Ruhe mit Dir besprechen und die Vor- und Nachteile abwägen.

In der Regel wird diese Behandlung ambulant durchgeführt. Das bedeutet, dass Du zur Behandlung in die Klinik/Praxis gehst und anschließend wieder ganz normal nach Hause gehen kannst.

Gibt es Nebenwirkungen bei der Bestrahlung?

Die Therapie versucht Deinen Tumor möglichst vollständig zu zerstören. Dabei kann es aber auch zu Nebenwirkungen kommen. Patienten, die diese Therapie bei Hodenkrebs bereits erhalten haben, berichten über:

  • Magen-Darm-Probleme
  • Übelkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Erbrechen
  • Durchfall
  • Schwächegefühl und Abgeschlagenheit
  • Eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen
  • Haarausfall
  • Entzündliche Blasenreizungen

Im Bereich der bestrahlten Körperregionen kann es auch zu Juckreiz oder Rötungen der Haut kommen.

Du sollst aber wissen, dass all diese Begleiterscheinungen gut mit Medikamenten in den Griff zu bekommen sind und sie auch meist schnell nach Beendigung der Strahlentherapie wieder abklingen.

Wenn nur ein Hoden betroffen ist wird der zweite bei der Strahlentherapie durch eine Bleikammer, die während der Behandlung darübergestülpt wird, vor der Strahlung geschützt. Dies schützt ihn und stellt sicher, dass Du auch weiterhin zeugungsfähig bleibst und die Spermienproduktion nicht eingeschränkt wird.

Anders verhält es sich, wenn in der Operation festgestellt wurde, dass auch der zweite Hoden eine Vorstufe von Krebs aufweist. Dann müssen beide Hoden bestrahlt werden, um die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Genesung erheblich zu erhöhen. Wie so oft gibt es aber auch leider noch eine andere Seite der Medaille. Es kommt dauerhaft zu einer Zeugungsunfähigkeit. Daher ist es wichtig, dass Du Dich – falls Deine Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist und Du nach Deiner Genesung Deinen Kinderwunsch erfüllen willst, ein Beratungsgespräch mit Deinem Arzt wahrnimmst, in dem Ihr die Möglichkeiten zur Einfrierung von Spermaproben für eine künstliche Befruchtung besprecht.

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Deine Potenz und die Lust auf Sexualität bleiben von der Behandlung unberührt, denn die Testosteronproduktion wird durch die Bestrahlung meist nicht beeinträchtigt, so dass Du sehr wahrscheinlich keine zusätzlichen Hormone einnehmen musst.

Bei der Chemotherapie erhältst Du über Infusionen sogenannte Zytostatika. Dies sind Medikamente, die das Zellwachstum im gesamten Körper unterdrücken und dadurch die Krebszellen bekämpfen. Dies funktioniert am effektivsten bei sich schnell teilenden Zellen, zu denen Krebszellen, blutbildende Zellen des Knochenmarks, Haarzellen, Nagelzellen und Hautzellen gehören. Neben den Krebszellen werden also auch gesunde Zellen geschädigt. So kann es z.B. zu Haarausfall, einer allgemeinen Abwehrschwäche und einer empfindlicheren Haut kommen. Dies klingt aber nach Beendigung der Therapie wieder ab und Haare, Blutbild und Haut erholen sich relativ schnell wieder.

Wie lange eine Chemotherapie dauert und wie häufig Du zur Behandlung gehen musst richtet sich nach Art und Stadium des Hodenkrebses. Manchmal reicht eine sehr kurze Behandlung und in einigen Fällen kann es sich um eine Therapie von einigen Monaten handeln. Dein Behandlerteam wird Dir aber genau erklären, wie lange und wie häufig die Infusionen in Deinem Fall empfohlen werden. Hast Du Fragen dazu oder willst Dir eine Zweitmeinung einholen, so ist das Dein gutes Recht und Du solltest auch darauf bestehen. Es ist wichtig die richtige Therapie zu wählen und man weiß sogar, dass Therapien besser anschlagen können, wenn der Patient auch der Meinung ist, dass das die richtige Behandlungsmethode ist und sich bewusst darauf eingelassen hat.

Solltest Du über den Begriff Hochdosis Chemotherapie bei Deiner Suche nach Informationen stolperst, so sollst Du wissen, dass dies eine Therapie ist, die nur angewendet wird, wenn der Krebs sich schon sehr weit im Körper ausgebreitet hat. In diesem Artikel gehen wir aber nicht näher darauf ein.

Wie wir ja eben bereits beschrieben haben, hat auch die Chemotherapie – neben dem positiven Nutzen – auch einige Begleiterscheinungen, die auftreten können. Neben Nägeln, Haaren und Haut sind auch die Häute, die Deine Organe umgeben von der Wirkung beeinträchtigt. Daher kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Blutarmut und einer größeren Anfälligkeit für Infektionen kommen. Manchmal kommt es auch zu Kribbeln in den Händen und den Füßen, schlechterem Hörvermögen, verändertem Geschmack (alles schmeckt leicht metallisch), Hautveränderungen und Beeinträchtigungen der Lungen- und Nierenfunktion. Aber Dein Arzt wird Dir bei den meisten Nebenwirkungen mit sehr wirksamen Medikamenten helfen können. Du solltest immer sehr ehrlich sein und alles ansprechen, was Dich belastet. Es gibt keinen Grund in dieser herausfordernden Zeit mehr auszuhalten als es sein muss.

Es kann auch sein, dass Du für eine gewisse Zeit unter dem sogenannten Chemo-Brain leidest. Dies beschreibt Konzentrationsstörungen und das Gefühl, dass man irgendwie „langsamer“ denken kann. Dies klingt aber nach einer gewissen Zeit nach Beendigung der Chemotherapie wieder ganz von allein ab. Es ist nichts, bei dem Du Dir akut Sorgen machen musst. Entspannung, ausreichend Schlaf, frische Luft und die Erlaubnis an Dich selbst, im Moment keine geistigen Hochleistungen verrichten zu müssen, können dabei hilfreich sein.

Da eine Schädigung des Erbguts im Zuge einer Chemotherapie nicht zu 100% ausgeschlossen werden kann, solltest Du in den ersten zwei Jahren nach Gabe der Medikamente darauf verzichten, Kinder zu zeugen. Aber es soll Dich nicht von einer aktiven und erfüllenden Sexualität abhalten.

In Zukunft ist weiterhin vorstellbar, dass Hodenkrebs mit einer Immuntherapie behandelt werden kann. Diese Art von Krebsbehandlung hat in den letzten Jahren rasant an Bedeutung gewonnen und sie wird auch bereits bei einigen Krebsarten eingesetzt (Lungenkrebs, Magenkrebs, Hautkrebs usw.)

Im Bereich der Hodentumore forscht u.a. eine Gruppe von Forschern vom Institut für Anatomie und Zellbiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend und die Forscher hoffen in den nächsten Jahren auch Hodenkrebspatienten mit dieser Art von Therapie helfen zu können.

Wir werden Dich hier auf dem Laufenden halten!

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Quellenangaben
  1. Albers, S. Krege, C. Bokemeyer et al.: Hodentumoren, in: Kurzgefasste interdisziplinäre Leitlinien, Deutsche Krebsgesellschaft (Hrsg.), W. Zuckschwerdt Verlag 2008
  2. Lorch, Anja; Albers, Peter;Beyer, Jörg et al.: Onkopedia-Leitlinie “Keimzelltumoren des Mannes”. Stand: September 2016. Abgerufen am 03.04.2019
  3. Robert Koch Institut: Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016, abgerufen am 03.04.2019
  4. Empfehlungen der European Germ Cell Cancer Consensus Group (EGCCCG) (Krege etal., 2008a) (Krege etal., 2008b). EAU Leitlinien (Albert u.a., 2018).
  5. Chung, P., Daugaard, G., Tyldesley, S., Atenafu, E. G., Panzarella, T., Kollmannsberger, C., & Warde, P. (2015). Evaluation of a prognostic model for risk of relapse in stage I seminoma surveillance. Cancer medicine, 4(1), 155-160.
  6.  derstandard.de,  Möglicher neuer Therapieansatz gegen Hodenkrebs. Abgerufen am 03.04.2019
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