Was ist HER2-positiver Brustkrebs?

Autor: Dipl. Biol. Esther Witte • Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Lesedauer: 4 Minuten
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Bestimmte Eigenschaften der Brustkrebszellen können weitere Therapiemöglichkeiten eröffnen, zum Beispiel der Wachstumsfaktor HER2 an der Zelloberfläche.

In diesem Artikel erfährst Du: 

  • Was HER2 genau bedeutet 
  • Welche Eigenschaften HER2-positive Krebszellen haben
  • Wie Brustkrebs behandelt werden kann, wenn er HER2-positiv ist

Dieser Artikel wurde am 15.03.2022 aktualisiert.

Du weißt es sicher bereits: Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Brustkrebszellen können unterschiedliche Merkmale aufweisen. Zum Beispiel kann die Zelloberfläche bestimmte Bindestellen haben, die sogenannten Rezeptoren. 

Um zu untersuchen, ob und welche Rezeptoren die Zellen des Brustkrebses haben, wird eine Biopsie entnommen. Das Gewebe wird dann unter dem Mikroskop untersucht. Das ist wichtig, um zu entscheiden, wie der Tumor am besten behandelt werden kann. Einer dieser Rezeptoren bei Brustkrebs ist HER2

Was ist HER2 genau? 

HER2 ist eine Abkürzung. Sie steht für Humaner Epidermaler Rezeptor. Hierbei handelt es sich um Teilchen aus Eiweiß an der Oberfläche von Zellen. An diese Teilchen, die als Bindestellen dienen, können Stoffe andocken und Informationen in die Zelle weiterleiten. Diese Bindestellen oder Rezeptoren kannst Du Dir wie ein „Schloss“ vorstellen und die Moleküle, die daran binden, wie einen passenden „Schlüssel“. 

Das Besondere an dem HER2-Rezeptor ist, dass er sich mit gleichen oder andersartigen Rezeptoren der HER-Familie verbinden kann. Die so entstehenden Komplexe geben ein Wachstumssignal in das Innere der Zelle ab. 

Bei einer Krebszelle können sich weitaus mehr Rezeptoren an der Oberfläche befinden als bei normalen Zellen. Das hat dann zur Folge, dass mehr Wachstumssignale weitergeleitet werden und die Krebszellen sich viel häufiger teilen als normale Zellen. Auf diese Weise entsteht ein Tumor, der sehr schnell und vor allem unkontrolliert wächst. 

Man spricht von einem HER2-positiven Brustkrebs, wenn viele HER2-Rezeptoren im Labor nachgewiesen werden. Etwa 20 von 100 Frauen mit Brustkrebs sind von dieser Brustkrebsart betroffen. 

Eigenschaften von HER2-positiven Tumoren

HER2-positive Tumore haben im Vergleich zu Tumoren ohne positiven HER2-Status folgende Eigenschaften. Die Tumore:

  • wachsen aggressiver
  • treten häufiger wieder auf (Rezidiv)
  • sprechen nicht so gut auf alle Therapien an

Wie können HER2-positive Tumoren behandelt werden? 

Die HER2-Rezeptor-positiven Brustkrebsformen sind zwar aggressiver, können aber gezielter behandelt werden.  

Werden viele HER2-Rezeptoren im Labor nachgewiesen, können Therapien mit Antikörpern eingesetzt werden, die sich gezielt gegen Krebszellen mit der HER2-Bindestelle richten. Diese zielgerichteten Therapien haben sich als wirksam erwiesen, bei weniger Nebenwirkungen im Vergleich zu einer klassischen Chemotherapie. 

Wie funktionieren die Antikörpertherapien? 

Den Begriff Antikörper hast Du vielleicht schon in anderen Zusammenhängen gehört: Antikörper gibt es nämlich auch natürlicherweise in Deinem Körper. Sie können sich an bestimmte Zell-Rezeptoren anheften und zum Beispiel Krankheitserreger unschädlich machen. Sie sind also Teil des Immunsystems.

Den Antikörper-Mechanismus macht man sich zunutze: Fachleute verändern für die Antikörpertherapie bestimmte Antikörper im Labor so, dass sie sich ganz gezielt an die HER2-Bindestellen der Krebszellen anheften und sie blockieren können. 

Du bekommst die künstlichen Antikörper als Medikament entweder einmal pro Woche oder alle drei Wochen in eine Vene oder unter die Haut ins Fettgewebe gespritzt. Dann docken die Antikörper an die HER2-Rezeptoren Deines Brusttumors an. So können diese Rezeptoren keine Wachstumssignale mehr empfangen, d.h. die Tumorzellen verlieren ihre Fähigkeit zur Teilung und Vermehrung. 

Nebenwirkungen der HER2-Antikörpertherapien

Die Antikörper treffen vor allem die Krebszellen. Dennoch können auch gesunde Zellen angegriffen werden, was die möglichen Nebenwirkungen dieser Medikamente erklärt.

Häufige Nebenwirkungen sind unter anderem 

  • Infektionen
  • Durchfall
  • Verstopfung
  • Saures Aufstoßen (Sodbrennen)
  • Übelkeit & Erbrechen
  • Schwächegefühl
  • Schlaflosigkeit
  • Muskel- und Gelenkschmerzen
  • Laufende Nase
  • Geschmacksveränderungen 
  • Blutarmut

Mehr Informationen zu HER2-Rezeptoren 

Es gibt verschiedene Typen von HER2-positiven Tumoren. Manche sind schwerer zu behandeln als andere. Der genaue Typ des Tumors wird durch die Gewebeprobe bestimmt. 

Unter dem Mikroskop wird Deine Gewebeprobe untersucht und geprüft, wie dicht die HER2-Rezeptoren an der Zelloberfläche stehen. Zusätzlich lassen sich die Gene der HER2-Zellen darstellen. Je mehr Rezeptoren bzw. Gene für die Rezeptoren vorhanden sind, desto mehr Wachstumssignale erreichen die Krebszellen und dadurch ist die Geschwindigkeit des Krebswachstums insgesamt höher. 

Die Klassifizierung der HER2-Rezeptoren dient zur Auswahl der bestmöglichen Therapie. Mithilfe eines Punktwertes, englisch „Score“ genannt, wird der HER2-Rezeptor-Status ausgedrückt. 

Dabei bedeutet:

  • der Score-Wert 0, dass keine HER2-Rezeptoren nachweisbar sind und sich der Krebs dadurch nicht für eine Antikörpertherapie gegen den Oberflächenrezeptor eignet
  • der Score-Wert 1+, dass nur wenige HER2-Rezeptoren nachweisbar sind und sich der Krebs ebenfalls nicht für eine Antikörpertherapie gegen den Oberflächenrezeptor eignet
  • der Score-Wert 2+, dass die Häufigkeit der HER2-Rezeptoren und die Eignung für eine Antikörpertherapie gegen den Oberflächenrezeptor unklar sind. Hier ist eine ergänzende Laboruntersuchung notwendig
  • der Score-Wert 3+, dass die HER2-Rezeptoren überdurchschnittlich häufig vorhanden sind und der Krebs mit einer Antikörpertherapie gegen den Oberflächenrezeptor behandelt werden kann

Zusammengefasst

Etwa 20 von 100 Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, haben Tumorzellen, die viele HER2-Bindestellen an der Zelloberfläche aufweisen. Der Krebs ist dann in der Regel aggressiver, kann aber auch gezielter behandelt werden. Sogenannte Antikörpertherapien mit künstlich hergestellten Antikörpern können die HER2-Bindestelle blockieren und damit das Wachstum und die Teilung der Zellen gezielt eindämmen.

Das kannst Du tun

  • Erfrage bei Deinem Behandlungsteam, welche Krebszellart genau bei Dir vorliegt, wenn Du es nicht schon weißt. 
  • Lass Dir die Antikörpertherapie genau erklären und ob sie für Dich infrage kommt. 
  • Frage Dein Behandlungsteam, wie Du Nebenwirkungen begegnen oder vorbeugen kannst. 
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