Lässt sich Schmerz „wegschlafen“?

Autor: Dipl. Biol. Esther Witte • Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Lesedauer: 3 Minuten
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Forscher fanden einen schlüssigen Zusammenhang zwischen Schlafqualität und Schmerzwahrnehmung, wobei schlechter Schlaf die Schmerzen steigert.

Schmerzen und Schlaf scheinen sich irgendwie nicht zu vertragen. Weil das so ist, geraten Schmerzpatienten auch schnell in einen fatalen Teufelskreis: Wer Schmerzen hat, schläft schlecht und wer schlecht schläft, hat ein erhöhtes Schmerzempfinden [1, S1]. Das Ganze passiert in einem proportionalen Verhältnis, d.h. je schlechter Schmerzpatienten schlafen, umso stärker empfinden sie Schmerzen. Schon die bloße Überzeugung, dass man schlecht oder zu wenig schläft, kann das subjektive Schmerzempfinden verstärken, wie eine Studie mit Fibromyalgiepatienten zeigte [4]. Durch die chronische Übermüdung können sich zum Schmerz mit der Zeit auch Depressionen, Ängste und eine beeinträchtigte Leistungsfähigkeit hinzugesellen [2].

Aber: Dieser Teufelskreis aus der Angst vor der nächsten Nacht (bzw. dem subjektiven Empfinden der Schlafqualität) und dem verstärkten Schmerzempfinden kann durch eine bessere Schlafhygiene und ggf. eine kognitive Verhaltenstherapie durchbrochen werden. Im Idealfall kann die Therapie helfen, die negativen Gedanken bezüglich der eigenen Schlafstörungen zu reduzieren, was zu einem besseren Schlaf und einem geringeren Schmerzempfinden führt [4].

Was im Schlaf passiert

Man glaubt es kaum, aber gerade im Schlaf ist unser Körper unglaublich aktiv. Denn das ist die Zeit der Regeneration, Heilung und Erneuerung. Zellen teilen und entwickeln sich, das Nervensystem knüpft neue Verbindungen, das Immunsystem wird aktiviert und das Schmerzgedächtnis überschrieben [3].

Quälen Dich in der Einschlafphase aber Sorgen, Angst, Trauer oder Schmerz, verzögert sich das Einschlafen. Im Schlaf selbst können intensive Träume zu Zuckungen und ruckartigen Muskelbewegungen führen, die u.U. den Schmerz weiterhin verstärken. Wenn dann die Tiefschlafphase ausbleibt oder stark verkürzt ist, wird Dein Körper geschwächt, die Schmerzschwelle und -toleranz herabgesetzt und die Schmerzempfindlichkeit erhöht.

Dass Tief- und Traumschlaf bei Schmerzpatienten beeinträchtigt sind, ist ein weitverbreitetes Phänomen. Häufig schlafen Schmerzpatienten insbesondere in Krankenhäusern schlecht, was an dem Verbrauch an Schlafmitteln zu erkennen ist. Dabei greifen Schlafmedikamente massiv in die Schlafqualität ein und verkürzen unter anderem die Tiefschlafphase und somit die eigentliche Erholungsphase. Wenn man also die Menge der Schmerzmedikamente reduzieren möchte, müsste man eher für eine bessere Schlafhygiene sorgen [1].

Die Folgen der Schlafstörung sind nicht nur das höhere Schmerzempfinden, sondern es fallen auch die Träume über Lebenssituationen weg, die eigentlich eine reinigende und verarbeitende Wirkung haben. Denn gerade der Traumschlaf stabilisiert die Psyche hinsichtlich „belastender“ Lebenssituation und beeinflusst die geistige Leistungsfähigkeit und das seelische Gleichgewicht.

Wenn Du also nicht richtig schlafen kannst, bist Du viel empfindlicher, sensibler und gereizter als sonst. Es scheint, als käme alles irgendwie zu nahe an Dich heran, strengt an und überfordert. Kein Wunder also, dass sich Deine Schmerzen stärker anfühlen, als wenn Du gut geschlafen hättest und ausgeruht wärst.

Forscher haben herausgefunden, dass offensichtlich das Gehirn für das erhöhte Schmerzempfinden nach einer durchwachten Nacht verantwortlich ist. So steigert der Schlafmangel die Aktivität der schmerzempfindenden Regionen des Gehirns, während er die der schmerzlindernden Zentren zugleich blockiert (5).

Die Ursachen für Durchschlafstörungen

Über die Ursachen von Schlafstörungen weiß man noch relativ wenig, weil sie individuell auch sehr unterschiedlich sein können. Mit hinein spielen sicherlich Umweltfaktoren (wie Lärm, Temperatur), die die wichtigsten Schlafphasen beeinflussen können, sowie Trauer, Ängste und eben Schmerzen, und Schmerzmittel (wie Opioide). Umgekehrt würde eine Behandlung der Schlafstörungen den Schmerz lindern und die allgemeine Befindlichkeit verbessern. [2]

Was Du selbst tun kannst

Für eine bessere Schlafqualität und damit der Linderung Deiner Schmerzen kannst Du selbst einiges tun: Hilfreich sind z.B. Entspannungsübungen vor dem Zubettgehen. Auch Rituale haben einen großen Stellenwert, wenn es um einen erholsamen Schlaf geht. Feste Zeiten für das Aufstehen (auch wenn Du schlecht oder nicht geschlafen hast) und das Schlafengehen helfen z.B., dass Dein Körper sich auf die Nachtruhe vorbereitet und müde wird. Mittagsschlaf solltest Du vermeiden und zwei Stunden vor dem Schlafengehen keinen Alkohol, drei Stunden davor keine größeren Mahlzeiten und vier bis acht Stunden keinen Kaffee trinken. Auch sind Rauchen oder zuckerhaltige Snacks und Getränke nach 19 Uhr nicht förderlich für den Schlaf.

Wenn Du Dir eine Pufferzone zwischen Alltag und Schlafenszeit schaffen kannst, indem Du ab etwa 18 Uhr zur Ruhe kommst und Dich körperlich nicht mehr so anstrengst und Dir eine angenehme Schlafumgebung schaffen kannst, die frei sein sollte von jeglicher Elektronik (wie z.B. Smartphone oder Fernseher), bist Du bestens auf die Nacht vorbereitet.

Rituale und Schlafhygiene sind unglaublich wichtig, damit Dein Körper sich auf das Schlafen einstellen kann. Er dankt es Dir mit mehr Kraft, innerer Ausgeglichenheit und weniger Schmerz für den kommenden Tag.

 

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Quellenangaben
  1. Deutsches Ärzteblatt. (2019). Wie Schlafmangel Schmerzen verstärkt. Abgerufen am 23.03.2021.
  2. Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. (2019). Schmerz und Schlaf. Abgerufen am 23.03.2021.
  3. Fibromyalgie: Wie Schlafstörungen und Schmerzen zusammenhängen. Abgerufen am 05.04.2017.
  4. JNEuroSci: The Pain of Sleep Loss: A Brain Characterization in Humans. Abgerufen am 20.03.2019.
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