Grüner Tee – schmackhafte Wunderwaffe gegen Krebs?

Autor: Dipl. oec. troph. Karin Kastrati • Fachliche Prüfung: Dr. Clemens Seidel
Lesedauer: 7 Minuten
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Um das Lieblingsgetränk der Asiaten ranken viele Erzählungen und Mythen – doch wie sieht es mit der gesundheitlichen Wirkung des grünen Tees wirklich aus?

Senacha, Gunpowder, Earl Grey und Kamille – Tee ist heutzutage, neben Wasser, das weltweit am häufigsten konsumierte Getränk. Besonders beliebt ist dabei grüner Tee. In Asien ist er aus dem täglichen Leben gar nicht mehr weg zu denken und so Mancher schreibt dem Heißgetränk eine gesundheitsfördernde Wirkung zu. Sogar Krebserkrankungen soll er verhindern. Doch was ist tatsächlich dran an diesen Geschichten? Im Folgenden möchten wir Dir einen Überblick geben, was die Wissenschaft in den vergangenen Jahren bezüglich der krebshemmende Wirkung von Grüntee herausgefunden hat.

Die Geschichte des Tees begann in China bereits vor mehr als vier Jahrtausenden. Einer Legende nach, soll der Kaiser Chen Nung den grünen Tee entdeckt haben und das ganz zufällig. Er trank sehr gerne heißes Wasser. Eines Tages fiel jedoch ein Blatt eines Teestrauches in seine Tasse. Er war von der grünen Farbe und dem Geschmack des „verschmutzen“ Wassers sofort begeistert. Zusätzlich überrascht von der anregenden Wirkung, trank er fortan nur noch dieses Heißgetränk.
Erste Aufzeichnungen zu grünem Tee finden sich 350 vor Christus in alten chinesischen Büchern. Damals wurde der Tee hauptsächlich als Heilmittel genutzt. Nach und nach hielt das Heißgetränk dann Einzug in die Alltagskultur der Chinesen. Buddhistische Mönche brachten ihn später nach Japan, von wo aus er im Laufe der folgenden Jahrhunderte seinen Siegeszug um die ganze Welt fortsetzte. Um 1600 gelangte der grüne Tee schließlich nach Europa und wurde ebenso als Modegetränk, wie auch als Medizin gegen Blähungen, Magenverstimmungen und Gicht geschätzt. In den Folgejahren verdrängt von schwarzem Tee, feiert der Grüntee heute ein wahres Comeback und die Zahl der Liebhaber des Heißgetränks steigt auch hierzulande stetig an.

Grüner Tee – was ist das eigentlich?

Camelia sinensis – so der lateinische Name der Teepflanze, einem immergrünen Strauch der in Asien heimisch ist. Die Knospen sowie die oberen, jungen Blätter dieser Pflanze werden zur Teeherstellung genutzt. Je nach Art der weiteren Behandlung wird daraus dann grüner Tee, Oo-long oder schwarzer Tee. Alle diese Teesorten stammen also von der gleichen Pflanze, lediglich der Verarbeitungsprozess nach der Ernte ist ein anderer. Der größte Unterschied liegt im sogenannten Fermentationsgrad des Tees. Bei der Fermentation werden durch natürliche chemische Reaktionen die Inhaltsstoffe und das Aroma des Teeblattes verändert.
Ähnlich wie durch Fermentation aus Milch Käse gemacht wird. Im Gegensatz zu schwarzem Tee, der vollständig fermentiert ist, werden bei der Grünteeherstellung die frisch geernteten grünen Teeblätter für circa 40 Sekunden mit heißem Wasserdampf behandelt. Dadurch werden die Pflanzenstoffe deaktiviert, die für die Fermentation nötig sind. Außerdem schützt die Dampfbehandlung vor Vitaminverlusten. Der Grund, warum grüner Tee wesentlich vitaminreicher ist als schwarzer. Anschließend werden die Teeblätter gerollt um sie geschmeidig zu machen und getrocknet. So werden Aroma und Haltbarkeit des Tees noch erhöht. Oo-long Tee ist nur teilweise fermentiert, liegt also quasi zwischen schwarzem und grünen Tee.

Grüner Tee – was drin?

Ganz typisch für grünen Tee ist sein bitterer Geschmack, ausgelöst durch die wertvollsten Inhaltsstoffe des Heißgetränks, den so genannten Polyphenolen. Dabei handelt es sich um sekundäre Pflanzenstoffe, denen eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird. Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe im grünen Tee ist das EGCG (kurz für Epigallocatechingallat). Vermutlich liegt in ihnen auch eine eventuelle krebshemmende Wirkung begründet: sie können Giftstoffe, so genannte freie Radikale im Körper binden, die sonst unsere Zellen angreifen und ein Krebswachstum fördern könnten.
Die Phytoöstrogene, also Pflanzenstoffe, die unseren Hormonen sehr ähnlich sind und deren Aufgaben in unserem Körper übernehmen können, bilden eine weitere bedeutende Gruppe von Inhaltsstoffen des grünen Tees. Besonders interessant scheinen hier die Isoflavone.
Auch Vitamine sind in dem Heißgetränk aus Asien vielzählig enthalten. Ob Vitamin A (als β-Carotin), B1, B2, B3 oder Vitamin C, E und K, alle stecken sie im Grüntee.
Und zu guter Letzt, enthält das Getränk auch noch reichlich Koffein. Als der anregende Inhaltsstoffe 1826 im chinesischen Tee entdeckt wurde, hat man ihn noch als Teein bezeichnet. Später stellte sich jedoch heraus, dass Teein und das Koffein aus Kaffee ein und derselbe Wirkstoff sind. Etwa 50-100mg Koffein stecken in einer Tasse Kaffee, in einer mit grünem Tee sind es circa 60 mg – eine vergleichbare Menge also. Doch die Wirkung ist jeweils eine ganz andere: Während der Wirkstoff im Kaffee an Kalzium gebunden ist, und durch die Salzsäure im Magen, schlagartig freigesetzt wird, ist das im Tee enthaltene Koffein an Polyphenole gebunden, die es nach und nach an den Körper abgeben. Tee wirkt daher sanfter und der anregende Effekt hält wesentlich länger an.

Grüner Tee – krebshemmende Wirkung?

Nachdem Du nun erfahren hast, was grüner Tee genau ist und was drin ist in dem Heißgetränk, stellt sich die Frage, was dran ist an der gesundheitsfördernden Wirkung.
Gerade im asiatischen Raum gab es in den vergangenen Jahren vielzählige Studien rund um die krebshemmende Wirkung des Tees. Meist waren dies jedoch Beobachtungen im Labor an einzelnen Zellen. Gerade die Polyphenole des grünen Tees zeigten dabei eine gute Wirkung gegen Krebszellen. Inwieweit sich dies jedoch auch auf den menschlichen Körper übertragen lässt, ist nicht so ganz klar.
Besonders interessant ist daher eine Langzeitbeobachtung von Wissenschaftlern aus Japan an über 8.500 Personen. Dabei zeigte sich, dass der grüne Tee zwar nicht in der Lage ist Krebs zu verhindern, er aber anscheinend die Erkrankung um einige Jahre nach hinten verschieben kann. Besonders stark war dies bei Frauen zu beobachten, die mehr als 10 Tassen grünen Tee pro Tag tranken. Das Durchschnittsalter bei Krebsentstehung lag in dieser Gruppe ganze 8,7 Jahre später, als bei der Vergleichsgruppe die weniger als drei Tassen pro Tag konsumierten. Bei den Männern war ein späterer Eintritt der Erkrankung um etwa 3,0 Jahre erkennbar. Die Studienwissenschaftler vermuteten, dass dieser Unterschied auf den erhöhten Zigarettenkonsum der Männer zurückzuführen ist. Ein Vergleich der Studiendaten mit der relativen Krebshäufigkeit zeigte, dass die Frauen, mit hohem Teekonsum, ein geringeres Risiko aufwiesen, an Lungen-, Darm-, und Leberkrebs zu erkranken.

Auch eine Studie mit Brustkrebspatientinnen lässt Positives hoffen: Bei den Frauen, die vermehrt grünen Tee tranken, kam es seltener zu einer Rückkehr der Erkrankung. Die Patientinnen wurden im Rahmen der Studie in zwei Gruppen unterteilt. Zum einen Patientinnen, mit einem Verzehr von weniger als vier Tassen grünem Tee pro Tag, und zum anderen die, die mehr als fünf Tassen konsumierten.
Bei den Patienten, der zweiten Gruppe, zeigte sich eine geringe Wiedererkrankungsrate an Brustkrebs und eine verlängerte krankheitsfreie Zeit von 3,6 Jahren als bei der Vergleichsgruppe. Dies lässt vermuten, dass grüner Tee in ganz unterschiedlichen Phasen der Krebsentstehung genutzt werden könnte. Da der Krankheitsausbruch durch regelmäßigen Konsum um Jahre herausgezögert werden kann, dient der Tee der Vorbeugung einer Krebsbildung. Er könnte auch eingesetzt werden, um bei Krebspatienten das Risiko für das Wiederauftreten der Erkrankung zu reduzieren.

Ja, nein – vielleicht?

Klingt alles ganz gut, oder? Warum also hat grüner Tee noch keinen Einzug gehalten in unsere Arztpraxen? Tja, wie so oft in der Wissenschaft gibt es leider auch im Falle von grünem Tee nichts wirklich Eindeutiges. Zwar konnte in vielzähligen Studien im Reagenzglas gezeigt werden, dass der grüne Tee, durchaus krebshemmende Eigenschaften an einzelnen Zellen hat. Doch inwieweit sind die gewonnenen Ergebnisse auch auf den menschlichen Organismus übertragbar? Dies ist bis heute noch nicht ganz geklärt.
Macht im Reagenzglas vielleicht die Dosis das Gift? Meist wird in Laborversuchen relativ viel Tee oder gar Teeextrakt verwendet. Solch hohe Mengen könnten wir im echten Leben meist gar nicht aufnehmen.
Auch für die oben erwähnten positiven Beobachtungen beim Menschen gibt es „Gegenstudien“ die dies wiederlegen. So beispielsweise eine in 2015 in Japan durchgeführte Untersuchung. Diese konnte den zuvor vermuteten positiven Effekt des grünen Tees leider nicht bestätigen. In der Gruppe der Teetrinker verstarben ebenso viele Patienten an Krebs wie in der Kontrollgruppe.
Außerdem stellt sich die Frage, ob die positiven Effekte auf das Krebsgeschehen wirklich auf den Tee zurück zu führen sind. Vielleicht war eine unterschiedliche Ernährungsweise der Studienteilnehmer der Grund?
Die meisten Studien wurden in Asien durchgeführt. Wie aussagekräftig diese dann für uns hierzulande sind, ist nicht klar. Schließlich unterscheiden sich die asiatische und die westliche Lebensweise deutlich voneinander.

Grüner Tee – eher doch nicht?

Immer wieder werden auch Stimmen laut, die vor einem zu viel an grünen Tee warnen. Die Stiftung Warentest veröffentlichte in den vergangenen Jahren mehrmals Ergebnisse zu Untersuchungen über Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in grünem Tee. In fast allen Produkten wurden dabei Schadstoffe in unterschiedlichen Mengen gefunden. So kann der vermeintlich gesunde Tee bei erhöhter Aufnahme manchmal sogar eher schaden. Beim Kauf solltest Du daher unbedingt auf gute Qualität achten, am besten sind Produkte aus biologischem Anbau.

Zusätzlich wichtig zu wissen:
Grüner Tee kann die Wirkung von einigen Medikamenten der Chemotherapie oder einer Bestrahlung abschwächen. (5, 6) Bekommst Du also derzeit eine medikamentöse Behandlung gegen die Krebserkrankung oder wirst bestrahlt, solltest Du unbedingt mit Deinem behandelnden Arzt sprechen, bevor Du größere Mengen grünen Tee trinkst oder Grüntee-Extrakt einnimmst.

Fazit:

Grüner Tee kann möglicherweise vor verschiedenen Krebserkrankungen schützen oder den Zeitpunkt der Erkrankung um Jahre nach hinten verschieben. Eine krebshemmende Wirkung ist im Reagenzglas bewiesen und kann durchaus auch in unserem Organismus auftreten.
Allerdings sind noch weitere Untersuchungen nötig, um dies eindeutig zu bestätigen. Da gerade bei hochdosierten Präparaten oder hohem Teekonsum Wechselwirkungen mit der Chemotherapie oder einer Bestrahlung auftreten können, solltest Du während der Behandlung besser auf große Mengen grünen Tee verzichten.
Von dieser Ausnahme abgesehen bleibt es – nach derzeitigem Stand der Wissenschaft – jedem selbst überlassen, ob und in welchem Umfang grüner Tee getrunken wird.

 

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Quellenangaben
  1. Imai, K., Litt, D., Suga, K., Nakachi, K. Cancer preventive effects of drinking green tea among a Japanese population. Preventive Medicine 1997, 26, S. 769-775
  2. Fujiki, H. Two stages of cancer prevention with green tea. Journal of Cancer Research and Clinical Oncology 1999, Vol. 125, S.589-597
  3. Tang J, Zheng JS, Fang L, Jin Y, Cai W, Li D. Tea consumption and mortality of all cancers, CVD and all causes: a meta-analysis of eighteen prospective cohort studies. Br J Nutr. 2015 Sep 14;114(5):673-83
  4. Thomas F. Green Tea Extract (Epigallocatechin-3-Gallate) Reduces Efficacy of Radiotherapy on Prostate Cancer Cells. Urology (Ridgewood, N.J.). 2011;78(2):475.e415-475.e421.
  5. Golden EB. Green tea polyphenols block the anticancer effects of bortezomib and other boronic acid-based proteasome inhibitors. Blood. 2009;113(23):5927-5937.
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