„Entgiften“ nach der Chemotherapie – geht das?

Autor: Dr. Volker Henn • Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Lesedauer: 4 Minuten
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Kannst Du Deinem Körper nach der Chemotherapie helfen, die Wirkstoffe schneller loszuwerden? Ist ein „Entschlacken“ sinnvoll oder kann es sogar Schaden anrichten?

In diesem Artikel erfährst Du:

  • wieso es nicht nötig ist, Deinem Körper nach der Chemotherapie mit besonderen Kuren beim Entgiften zu helfen
  • was Du stattdessen tun kannst, um Deinen Körper zu unterstützen
  • wie die Wirkstoffe der Chemotherapie Deinen Körper wieder verlassen
  • warum Entgiftungskuren gefährlich sein können

Dieser Artikel wurde am 17.08.2022 veröffentlicht.

Eine hilfreiche Therapie gegen Krebs ist die Chemotherapie. Vielleicht steht sie auch auf Deinem Behandlungsplan. Die Therapie funktioniert mit Zellgiften und kann Krebszellen sehr wirkungsvoll zerstören. Aber sie belastet auch gesundes Körpergewebe.

Der Wunsch liegt nahe, dass Du dieses Zellgift schnell wieder aus Deinem Körper heraus haben möchtest. Ist es daher sinnvoll, dass Du versuchst, den Abbau der Medikamente zu beschleunigen – etwa mit einer Entgiftungskur, Entschlacken oder einer Detox-Diät?

Die Antwort lautet: Nein, solche Maßnahmen sind nicht sinnvoll. Die Wirkstoffe einer Chemotherapie verschwinden rasch aus Deinem Körper, meist innerhalb von Stunden oder Tagen – das schafft Dein Stoffwechsel aber ganz allein und er benötigt dazu keine Unterstützung.

Außerdem gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis, dass sogenannte Entgiftungskuren die Ausscheidung von schädlichen Stoffen beschleunigen. Im Gegenteil: Sie können Deinen Stoffwechsel stören und Dich unnötig schwächen.

Zu diesen gefährlichen Kuren zählen vor allem:

  • Heilfastenkuren
  • Entwässerungskuren
  • Einläufe
  • Abführmittel
  • „Entgiftungsdiäten“ jeder Art
Wie Du Deinen Körper nach einer Chemotherapie unterstützen kannst

Eine Chemotherapie kann beispielsweise manchmal die Schleimhaut im Mund schädigen und verursacht dabei sehr unangenehme Entzündungen. Vielleicht nimmst Du auch stark ab und fühlst Dich häufig müde. Diese Nebenwirkungen der Therapie klingen normalerweise nach der Therapie von selbst ab. Aber das kann eine Weile dauern.

Mit einfachen Maßnahmen kannst Du häufige Symptome lindern, wie zum Beispiel:

  1. Schone Deine Schleimhäute
  • Vermeide saure Säfte oder heiße Getränke.
  • Iss keine trockenen oder harten Lebensmittel.
  • Lindere den Schmerz durch örtlich wirkende Medikamente.
  1. Sei aktiv gegen die Müdigkeit
  • Bewege Dich, so viel es geht. Das ist das beste Mittel, um Müdigkeit zu vertreiben.
  • Wenn ein Mangel nachgewiesen ist, kannst Du in Absprache mit Deinem Behandlungsteam Präparate mit Eisen, Vitamin B12 und Folsäure zu Dir nehmen.
  1. Vermeide Gewichtsverlust
  • Ernähre Dich abwechslungsreich und ausgewogen.
  • Suche ergänzend Unterstützung bei einer Ernährungsberatung.

Wenn Du auf diesem Wege achtsam mit Dir umgehst, tust Du bereits das Beste, um Deinen Körper gegen die negativen Effekte der Chemotherapie zu unterstützen.

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Zahlen und Fakten – Wissen im Detail


Wie kommen „Chemo“-Medikamente wieder aus dem Körper raus und wie lange dauert das?

Dein Stoffwechsel ist ständig damit beschäftigt, giftige Substanzen unschädlich zu machen. Die Mittel der Chemotherapie, die auch Zytostatika heißen, werden über Nieren, Leber und Darm aus Deinem Körper gefiltert. Anschließend werden sie über Stuhl und Urin ausgeschieden.

Und dies geschieht sehr schnell. Die meisten Zytostatika verschwinden innerhalb weniger Stunden oder Tage. Eine Unterstützung durch Kuren oder Fasten ist nicht sinnvoll und kann diesen Prozess nicht beschleunigen.

Vor Beginn der Chemotherapie hat Dein Behandlungsteam auch die Funktion von Leber, Nieren und Darm überprüft. Du kannst also sicher sein, dass Dein Stoffwechsel in Ordnung ist und die Zytostatika rasch abbaut.

Was sagen Wissenschaft und Studien über Entgiftungskuren?

Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass Entgiftungs- und Detox-Kuren hilfreich sind. Es gibt nur wenige klinische Studien über die Wirksamkeit der Kuren. Und diese Studien wurden nicht mit Krebspatientinnen und Krebspatienten durchgeführt, hatten eine zu geringe Teilnehmerzahl oder wiesen andere Mängel auf – sie sind daher nicht aussagekräftig.

Zudem basieren die Entgiftungskuren nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Fachleute führen vor allem folgende Kritikpunkte an:

  • Die Werbung für die Kuren unterschlägt die Funktion des menschlichen Stoffwechsels. Es wird selten erwähnt, dass Leber, Nieren und Darm den Körper wirksam entgiften.
  • Es wird nicht überzeugend dargestellt, auf welchen Wegen Detox-Diäten die Entgiftung unterstützen sollen – also wie diese Kuren überhaupt wirken könnten.
  • In der Regel fehlen auch Angaben, welche Giftstoffe genau beseitigt werden sollen.
Wieso können Entgiftungskuren gefährlich sein?

Viele Entgiftungskuren können Dich stark belasten, weil sie dem Körper wichtige Nährstoffe vorenthalten oder entziehen. Das gilt vor allem, wenn die Kur auf einem der folgenden Prinzipien beruht:

  • Heilfasten: Du nimmst weniger Kalorien zu Dir. Dein Risiko für eine Mangelernährung steigt – ein sehr gefährlicher Umstand, besonders für Menschen, die Krebs haben oder in Therapien sind. In der Folge entsteht ein Gewichtsverlust, der wiederum einen negativen Einfluss auf Deine Prognose hat.
  • Entwässern: Eine verstärkte Ausscheidung von Urin belastet Deinen Kreislauf und stört den Salzhaushalt. Das gilt auch, wenn dabei pflanzliche Mittel eingesetzt werden.
  • Einläufe und Abführmittel: Dabei verlierst Du ebenfalls viel Flüssigkeit und lebenswichtige Salze. Dein Körper wird deutlich geschwächt. Zudem kann Deine Darmschleimhaut geschädigt werden. So können Verstopfungen und sogar Darmverschlüsse entstehen.

Wie genau funktionieren eigentlich Chemotherapien?

Zytostatika stoppen das Wachstum von Zellen: Manche stören Prozesse, die für den reibungslosen Ablauf der Zellteilung wichtig sind. Andere verändern das Erbgut. In beiden Fällen entstehen Schäden, die kaum zu reparieren sind – die Krebszellen sterben ab.

Zytostatika sind besonders wirksam bei Zellen, die sich häufig teilen. Krebszellen vermehren sich besonders rasch und sterben bei der Chemotherapie als erste ab.

Aber die Therapie schädigt auch schnell wachsendes, gesundes Körpergewebe. Betroffen sind vor allem Haarwurzeln, Schleimhäute in Mund und Darm und die Stammzellen in Deinem Knochenmark, die alle Bestandteile des Bluts erzeugen.

Gesunde Zellen haben jedoch Möglichkeiten, um die Schäden zu reparieren und es überleben genügend gesunde Zellen. So können sie ihre Funktionen nach der Chemotherapie wieder vollständig herstellen.

Zusammengefasst

Dein Stoffwechsel kann die Wirkstoff-Reste der Chemotherapie rasch nach ihrer Aufnahme wieder aus dem Körper entfernen. Er benötigt dazu keine Unterstützung. Es gibt auch keine Belege, dass eine Entgiftung, Entschlackung oder Detox-Diät den Abbau von schädlichen Stoffen beschleunigt. Im Gegenteil: Diese Diäten können Deinen Körper zusätzlich belasten, da sie oft dazu führen, dass Du nicht genügend Nährstoffe zu Dir nimmst.

Das kannst Du tun

  • Ernähre Dich gesund und abwechslungsreich.
  • Bewege Dich häufig.
  • Sprich mit Deinem Behandlungsteam, wenn Dich Nebenwirkungen der Chemotherapie belasten.
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Quellenangaben
  • Deutsches Krebsforschungszentrum, Entgiften nach einer Chemotherapie?, 09.11.2021, krebsinformationsdienst.de, abgerufen am 04.08.2022 von www.krebsinformationsdienst.de
  • Backes G, Entgiftungsdiäten, Schlank im Schlaf-Diät, HCG-Diät – ein Überblick, März 2018, DGEinfo, abgerufen am 04.08.2022 von www.dge.de
  • Tallen G, Wie wirken Zytostatika?, 05.06.2020, kinderkrebsinfo.de, abgerufen am 04.08.2022 von www.gpoh.de
  • Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF), PatientenleitlinieSupportive Therapie, Stand: Februar 2018, Zugriff am 04.08.2022. www.leitlinienprogramm-onkologie.de
  • Klein, A. V., & Kiat, H. (2015). Detox diets for toxin elimination and weight management: A critical review of the evidence. Journal of Human Nutrition and Dietetics: The Official Journal of the British Dietetic Association, 28(6), 675–686. https://doi.org/10.1111/jhn.12286
  • Tahreem, A., Rakha, A., Rabail, R., Nazir, A., Socol, C. T., Maerescu, C. M., & Aadil, R. M. (2022). Fad Diets: Facts and Fiction. Frontiers in Nutrition, 9, 960922. https://doi.org/10.3389/fnut.2022.960922
  • Bildnachweis: © golubovy – stock.adobe.com
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