Akute myeloische Leukämie – ein Überblick

Autor: Dr. Volker Henn • Fachliche Prüfung: Dr. Christian Keinki
Lesedauer: 5 Minuten
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Die akute myeloische Leukämie (AML) entsteht im Knochenmark aus Vorläufern bestimmter Blutzellen, den Zellen aus der sogenannten myeloischen Reihe. Die AML stört die Entwicklung normaler Blutzellen und muss rasch behandelt werden.

In diesem Artikel erfährst Du:

  • Wie sich die Erkrankung entwickelt
  • Welche Unterformen von AML es gibt
  • Wie die Heilungsaussichten bei AML sind
  • Welche Symptome auftreten können
  • Wie die Diagnose erfolgt
  • Welche Therapien es gibt

Kaum eine Krebsart entwickelt sich so schnell wie die akute myeloische Leukämie (AML): Wenige Wochen vor der Diagnose hast Du vermutlich noch keine Anzeichen wahrgenommen, kurz darauf hast oder hattest Du schon vielleicht schon ernste Beschwerden.

Die Symptome rühren meist daher, dass die Erkrankung die Bildung von normalen Blutzellen stört und die Leukämiezellen Dein Blut überschwemmen. In der Folge können wichtige Vorgänge in Deinem Körper nicht mehr normal ablaufen. Um dies zu verhindern, wird Dein Behandlungsteam so früh wie möglich mit der Therapie beginnen.

Durch Forschungserkenntnisse der letzten Jahren besteht eine Chance auf Heilung.

Wie entwickelt sich die AML?

Die Leukämiezellen entstehen aus unreifen Vorstufen von Blutzellen in Deinem Knochenmark. Veränderungen in deren Erbgut können dazu führen, dass sich diese Vorläuferzellen unkontrolliert vermehren. Dabei entstehen zahlreiche weiße, unreife Blutzellen, die andere Zellen aus Knochenmark und Blut verdrängen. Dieses Krankheitsbild wird Leukämie genannt.

AML im Detail

Es gibt unterschiedliche Blutzellen, aus deren Vorstufen sich eine Leukämie entwickeln kann. Im Fall der akuten myeloischen Leukämie sind das die Vorläufer aus der myeloischen Reihe, zu der auch Granulozyten (wichtige Zellen für die Immunabwehr) und Monozyten (aus ihnen entstehen Fresszellen, die Makrophagen) gehören.

Die Krankheit verläuft akut, sie schreitet also rasch innerhalb von Wochen oder Monaten voran. Da die Leukämiezellen nicht normal heranreifen, sind sie nicht funktionsfähig und beeinträchtigen die normale Blutbildung im Knochenmark. Es kommt zu einem Mangel an normalen Blutzellen, der den Transport von Sauerstoff, die Blutgerinnung und die Abwehr von Infektionen beeinträchtigt.

In späteren Phasen können sich die Leukämiezellen auch in Deinen inneren Organen ausbreiten und deren Funktion stören. Ohne Behandlung würde die AML in kurzer Zeit tödlich verlaufen.

Welche Unterformen gibt es?

Die AML ist selten. Jährlich treten in Deutschland etwa 3500 neue Fälle auf. Die Erkrankung wird in mehrere Untergruppen aufgeteilt, abhängig von den äußeren Merkmalen und genetischen Besonderheiten der Leukämiezellen.

Die Untergruppen unterscheiden sich häufig im Krankheitsverlauf und den Aussichten auf einen Behandlungserfolg. Grundsätzlich werden folgende Formen unterschieden:

  • Primäre (de novo) AML: Entsteht ohne erkennbare Ursache oder Vorerkrankung.
  • Sekundäre AML: Entwickelt sich aus bereits bestehenden Erkrankungen des Knochenmarks oder ist die Folge einer Chemotherapie oder Bestrahlung.
  • Akute Promyelozytenleukämie: Eine seltene Unterform, die vor allem mit Störungen der Blutgerinnung einhergeht.

Wie sind die Heilungsaussichten?

Die Aussichten auf einen Erfolg der Behandlung hängen stark vom Einzelfall ab. Ein wichtige Rolle spielen Dein Alter und die Untergruppe der AML, an der Du erkrankt bist – je jünger, desto besser sind die Aussichten auf Heilung. Über alle Altersgruppen überleben durchschnittlich 2 bis 3 von 10 Erkrankte. Bei jüngeren Erkrankten (unter 65 Jahren) kann bei bis zu 6 von 10 Erkrankten eine Heilung erzielt werden.

Meist spricht eine primäre AML besser auf die Behandlung an als sekundäre Formen.

Am besten sind die Aussichten bei der Sonderform akute Promyelozytenleukämie – ca. 7 bis 8 von 10 Behandelten können auf eine Heilung hoffen.

Welche Faktoren erhöhen das Risiko einer Erkrankung?

Eine Veränderung im Erbgut von Knochenmarkzellen führt zu AML – doch was löst diese genetische Veränderung aus? Die genaue Ursache dafür ist bisher nicht bekannt. Fachleute haben aber einige allgemeine Risikofaktoren herausgefunden, die das Auftreten einer AML begünstigen. Dazu zählen:

  • hohe Dosen von radioaktiver oder Röntgenstrahlung
  • der Umgang mit chemischen Substanzen wie Benzolen, Pestiziden und industriellen Lösungsmitteln
  • die Behandlung mit bestimmten Krebsmedikamenten (Zytostatika)
  • Vorerkrankungen wie das myelodysplastische Syndrom oder das Down-Syndrom

Welche Symptome können auftreten?

Die Symptome einer AML können sehr unterschiedlich und bei jedem anders ausgeprägt sein. Oft sind es sehr allgemeine Beschwerden, die auch bei deutlich harmloseren Erkrankungen auftreten. Sie gehen häufig auf die Störung der Blutbildung im Knochenmark zurück, die einen Mangel an lebenswichtigen Blutzellen auslöst. Zu den Folgen gehören häufig:

  • Schwäche und Müdigkeit
  • Hautblässe
  • Fieber und erhöhte Neigung zu Infekten
  • Hautblutungen, Nasen- und Zahnfleischbluten

Zusätzlich können Leukämiezellen in die inneren Organe wandern und deren Funktion stören. Folgende Beschwerden können dabei u. a. auftreten:

  • Leber und/oder Milz schwellen an, mit Bauchschmerzen und Appetitlosigkeit als Folge
  • Schwellung von Lymphknoten am Hals, den Achselhöhlen oder in der Leiste
  • ein Befall von Gehirn und Rückenmark kann Kopfschmerzen, Sehstörungen und Erbrechen auslösen
  • Veränderungen der Haut und Wucherungen des Zahnfleischs

Wie wird die AML diagnostiziert?

Bei Verdacht auf Leukämie wird eine Blutprobe abgenommen und unter dem Mikroskop untersucht. Zeigen sich dabei ungewöhnlich viele weiße Blutzellen oder deren unreife Vorläufer, erhärtet sich der Verdacht.

Um die Diagnose abzusichern und die Art der Leukämie zu bestimmen, wird im nächsten Schritt eine Probe von Deinem Knochenmark entnommen und das Erbgut und äußere Merkmale der Zellen untersucht. Auf diese Weise kann auch die Untergruppe der AML genau bestimmt werden.

Nach Absicherung der Diagnose sind weitere Untersuchung nötig, um die Risiken der Erkrankung und der Therapie abzuschätzen. Bildgebende Verfahren durchleuchten Brustkorb und Bauch, um den Zustand aller inneren Organe zu bestimmen. Zusätzlich wird die Funktion von Herz und Lunge überprüft. Diese Untersuchungen geben wichtige Hinweise, die auch die Wahl der Therapie beeinflussen können.

Wie wird die AML behandelt?

Eine Standardtherapie für AML gibt es nicht. Dein Behandlungsteam wird unterschiedliche Medikamente und Therapien kombinieren und optimal an Deine Erkrankung anpassen. Die wichtigsten Therapiebestandteile sind:

  • Chemotherapie: Bei dieser häufig eingesetzten Behandlung können Medikamente (Zytostatika) die schnell wachsenden Leukämiezellen zurückdrängen und die normale Blutbildung wieder herstellen. Die Chemotherapie ist der Grundbestandteil der Behandlung einer AML
  • Stammzelltransplantation: Das Knochenmark und damit die Leukämiezellen werden durch eine sehr intensiven Chemotherapie und einer Ganzkörperbestrahlung vollständig beseitigt, anschließend wird Dein Knochenmark mit körperfremden Stammzellen neu aufgebaut.
  • Zielgerichtete Medikamente: Bei bestimmten Veränderungen im Erbgut und einigen Formen der AML können besondere Wirkstoffe die Wirkung der Chemotherapie unterstützen.

Wie läuft die Nachsorge ab?

Verläuft die Therapie erfolgreich, kannst Du Dein normales Leben wieder aufnehmen. Es bleibt aber die Notwendigkeit einer regelmäßigen Nachsorge, um Rückfälle und mögliche Spätfolgen der Therapie frühzeitig zu erkennen. Dein Behandlungsteam wird Deinen körperlichen Zustand untersuchen sowie Blut und Knochenmark kontrollieren. Du erhältst auch die Möglichkeit, über Probleme und Sorgen zu besprechen.

Die Abstände zwischen den Untersuchungen wird Dein Behandlungsteam empfehlen: Anfangs werden die Abstände eher kurz sein und sich dann im Laufe der Zeit verlängern.

Zusammengefasst

Die AML ist eine rasch fortschreitende Erkrankung, die vom Knochenmark ausgeht. Eine große Zahl unreifer weißer Blutzellen stört die Funktion des Knochenmarks und anderer Organe. Eine Chemotherapie kann die Ausbreitung der Leukämiezellen stoppen. Zusätzlich gibt es weitere Behandlungsoptionen, die für Dich infrage kommen können. Die AML ist unter günstigen Bedingungen heilbar.

Das kannst Du tun

  • Sprich mit Deinem Behandlungsteam über Deine Optionen.
  • Scheue Dich nicht, psychoonkologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Du Dich belastet fühlst.
  • Selbsthilfegruppen und Gespräche können Dir jetzt guttun.
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Quellenangaben
  • Brandts C, Kim A, Serve H, Die Akute Myeloische Leukämie (AML) des Erwachsenen, April 2017, Broschüre des Kompetenznetz „Akute und chronische Leukämien“
  • Bundesministerium für Gesundheit, Akute myeloische Leukämie bei Erwachsenen, 14.08.2020, gesund.bund.de, abgerufen am 15.07.2021
  • Zentrum für Krebsregisterdaten, Leukämien, Stand 13.04.2021, Robert Koch-Institut, abgerufen am 15.07.2021
  • Pulte D, Jansen L, Castro FA, Krilaviciute A, Katalinic A, Barnes B, u. a. Survival in patients with acute myeloblastic leukemia in Germany and the United States: Major differences in survival in young adults. International Journal of Cancer. 2016; 139(6):1289–96. (Tabelle 2)
  • Bildnachweis: © Ekahardiwito – stock.adobe.com
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